Heute jährt sich der Todestag von Jules Verne, des französischen Dramatikers, Visionärs & großen Autors des 19. Jahrhunderts. Seine „Außergewöhnlichen Reisen“ beflügel(te)n die Phantasie der Menschheit — und doch handelt es sich um mehr als Fiktion. ¶
Zu Lebzeiten (8.2.1828-24.3.1905) umfasste sein Hauptwerk „Voyages extraordinaires“ offiziell 54 zum Teil mehrbändige Ausgaben, dazu zählen natürlich auch seine bekanntesten Romane wie „20’000 Meilen unter dem Meer“, „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, „Von der Erde zum Mond“, „Reise um die Welt in 80 Tagen“, „Die geheimnisvolle Insel“, etc. — doch zählt man die posthum (auch von seinem Sohn) veröffentlichten Schriften mit, die dieser Reihe zuzuordnen sind, handelt es sich sogar um rund 70 Werke. Seine abenteuerlichen Reiseromane basieren nebst Phantasie oft auch auf ingenieur-technischen Elementen, die er visionär ausschmückte und auf dem Papier weiterentwickelte, wie Luftschiffe oder U-Boote.

Doch mit seinem vermeintlich letzten, veröffentlichten Werk „Paris au XX. siècle“ beweist Jules Verne, dass er – neben H.G.Wells – zurecht als Gründer der Science-Fiction-Literatur bezeichnet wird. Dieser Dystopie-Roman spielt im Jahr 1960 und zeichnet, anders als seine anderen Werke, eine durchaus pessimistische Zukunft: Literatur, Musik und Kunst wichen hierbei den von der Gesellschaft hochangesehenen Naturwissenschaften und dem Siegeszug der gelobten Technik. Die Handlung selbst erzählt die nicht gut endende Geschichte eines sich verliebenden Dichters, der in dieser kulturarmen Welt nicht glücklich wird.
Nach dem Erfolg seines Erstlings „Fünf Wochen im Ballon“ hat er bereits 1863 das Manuskript zu „Paris im 20. Jahrhundert“ geschrieben; doch sein Verleger betitelte es „als eine Katastrophe“ — daraufhin galt es für 126 Jahre als verschollen. Erst 1989 wurde es im Familiensafe, den man bis dahin nicht öffnen konnte und von dem man glaubte, er sei leer, von seinem Urenkel gefunden. Er wollte endlich dieses Mysterium um den Tresor lösen, der mit Schlüssel sowie Zahlenkombination gesichert war und ihm bloß noch als Werkbank in der Garage diente, aber auch: „Damit die liebe Seele Ruhe hat“. Schließlich konnte er ihn nach schweißtreibender & schweißbrennender Arbeit knacken und fand darin russische Anleihen, Fragmente eines Theaterstücks und eben dieses futuristische Manuskript; die Echtheit wurde geprüft, zweifellos anerkannt und fünf Jahre später verlegt.
Inhaltlich hätte im 19. Jahrhundert nur die darin beschriebene, unglaubliche Vorstellung von importiertem Gemüse oder industriellem, konservierungs-angereichertem Fleisch für Aufsehen gesorgt, doch auch heutzutage staunt man, wie Jules Verne hier von diversen Innovationen schreibt, die nicht wie sonst an damals bereits bestehende, mit Dampf betriebene Maschinen oder mechanische Erfindungen anknüpfen: Wolkenkratzer aus Glas, elektronische Musik, elektrische Straßenlaternen, Hochgeschwindigkeitszüge, gasbetriebene Automobile, Telefone, Radios, Fernseher, Faxgeräte, als auch ein „unsichtbares“ Kommunikationsnetz, das die Gesellschaft weltweit miteinander vernetze…
¶Auf ein Wort:
Der literarische Erfinder und exzentrische Epochenmensch genießt bereits den Titel Vater der Science-Fiction und gilt längst als Begründer des Steampunks. Doch nach „Paris im XX.Jahrhundert“ ist Jules Verne nun auch als Geistiger Vater des Internets oder gar Erdenker des digitalen Zeitalters zu bezeichnen.
Jules Verne erinnert mich daran, wie ich mit ihr vor vielen Jahren Bus gefahren bin, Linie 5.Sie hatte sich zuvor vom Flohmarkt ein abgegriffenes altes Taschenbuch von Jules Verne für 30 Pfennig gekauft. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie liest, während ich aus dem Fenster schaue. Reise durch das Sonnensystem. Es regnete. Graue Strassen. Liebe.
Eine feine Anekdote, schön hast Du sie mit uns geteilt, lieber Glumm; ja, Literatur verbindet, knüpft zarte Bande – und schreibt mitunter unsere Geschichte(n). In diesem Sinne ein „Wir lesen uns“, als freundschaftliches Versprechen.