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Eigentlich wollte ich nur das vorglühende Volk umgehen; jenes, das sich bereits angeschickert beim Apero mit Aperol, in spritzigen Nikolo-Mützen und bierseligen Santa-Claus-Bäuchen an After-Work-Partys feierwütig zu elektronischer Schlagermusik prustend zuprostet, während Mutter Mariah Carey wie Last Christmas großzügig Stößchen verteilt. So kremple ich mir den Mantelkragen hoch, ducke mich erst durch die Straßen, stelle mir die Weichen um auszuweichen, schleiche Wege, nehme Abkürzungen durch die Seitenwinkel des Quartiers, gehe im Viertel im Kreis, kreise in der Gosse, wandle durch die Gassen einer Stadt, die von Scrooge und Grinch gleichermaßen verhasst sein soll, doch es hilft nichts, ich komme nicht daran vorbei: Der schwarze Freitag gab bereits den Startschuss, gefolgt vom leider geilen Cyber-Monday, den offenen Sonntagen, dem altmodischen Schlussverkauf & analogen Weihnachtsgeschenk-Einkauf.

Auf meinen Wegen begegnen mir jede Menge Segen spendende Kerzen in Kränzen, daneben sexy Adventskalendertürchen, einige breit geöffnet, andere noch reizend verhüllt, sowie Glitzerpapier-Kartons unter dem weißgeschmückten O Tannenbaum mit Schleifchen drum, allesamt prachtvolle #Schaufenster. Davor ziehen wohlerzogene Gören ihre Kerzen und frierende Bettelkinder ihre Nasen hoch, die Mission der Heilsarmee swingt mit ihrem Singsang des Sankt Bimbam und alle Jahre wieder erklingen die Engelsstimmen der Sternsinger im Chor am stimmungsvollen Christkindl-Markt im Winter Wonderland zwischen Ellenbogen-Gedränge, Superspreader-Gehuste und Jagertee-Gelalle. Am Rande stehen drei Weise neben Rudolphs lauernden Taxis mit roten Nasen und in der Mitte steht still und starr ein Stall mit einer Krippe, umringt von Hirten und Sicherheitspersonal unter blauen Blinklichterketten und begleitet von glühweinenden Nikoläusen & Nissen. Mit Pfeffernüssen grüssen aus der Weihnachtsbäckerei die Lebkuchenfabriken, locken mit ihren verkeksten Düften und der Verheissung auf eine aufregende Zeit; so ein Wichtel fordert im überfüllten Tram eine White X-Mas und ein Elfchen glossiert: „So ist es die Tradition!“

War es je anders? Ich denke an die Saturnalien, ein Fest vor 2500 Jahren, zu Ehren des Acker- & Fruchtbarkeitsgottes Saturn. Mitte Dezember wurden damals hierfür die Häuser festlich geschmückt, man besuchte sich gegenseitig & beschenkte sich selbstlos, feierte ebenso üppige Orgien mit Masken & Mirakel, einem Feuerwerk Geschäker, Rollenspielen, wildem Tanz, nackig ganz & trunken wie Satyren ausgelassen, ausgebreitet zu einem Gelage über die Saturday Sabbat Night hinaus bis in die späten Raunachten zwischen den Jahren hinein; ein Volksauflauf zur Wintersonnenwende wie heutzutage in der Innenstadt vor dem Weihnachtswochenende. Und der (H)eilige Brimborium kommt wieder mal voll auf seine Kosten!

In den Gedanken an diese gewaltigen Festivitäten versunken, komme ich bei mir zu Hause an und höre sogleich des Paketboten Gezeter & Mordio lautstark, doch sein Lamento bleibt beinah ungehört in diesen Tagen; am Ende mit den Nerven, gebündelt in Keuch & Schwitz, umgeben von zalandischen Flüchen & amorelischer Verzweiflung, ohne Aussicht auf eBesserung & keine Hoffnung auf Amazoniens Ebbe, schleppt er täglich näher am Abgrund unsere ökologisch korrekt verpackten Pakete & verschickten schicken Päckchen wie ein Weihnachtsmann zu uns ins Treppenhaus. Es hat ja auch nicht jeder einen Kamin; immerhin bewahrt er unsere Privatsphäre. Ich nenne ihn immer Hermes Sisyphos, das zaubert ihm jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht. Immerhin.

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Zugegeben, es war mir ein satirisches Vergnügen, vom Heiligen Brimborium zu berichten. Die (h)eilige Zeit gab ihm den Charakter, ich gab ihm den Namen, die Legende dazu; jedoch gab die KI, die künstliche Intelligenz, nachträglich meiner Figur eine Gestalt, dem Wahnsinn der Vorweihnachtszeit ein Gesicht. Darf ich vorstellen:

Hl. Brimborium
Der Heilige Bonifatius Brimborium
wortliebling.©om
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