Als ich vor einiger Zeit an meiner BĂŒcherwand vorbeiging, sah ich aus dem Augenwinkel die vielen Lesezeichen und BĂŒcherstĂŒtzen; zuhauf Geschenke von Freunden und ehemaligen Bekannten, die auf E-book umgestiegen sind. Gleich daneben fiel mir dann plötzlich ein einzelnes Buch auf, zwischen zwei flamboyanten StĂŒtzen. Dabei fokussierte ich die drei Lesezeichen, die oben aus dem Buch-Oberschnitt lugten, sie erregten mein Interesse. So zog ich das Buch aus dem Regal heraus, zwischen den BĂŒcherstĂŒtzen hervor, drehte es um, betrachtete das Cover, den Titel. Ich versuchte, mich an den Inhalt des Buches zu erinnern. Noch wĂ€hrend ich mir die Haptik dieses gebundenen Werkes ertastete, wandelte ich bereits den Klapptext und die biographischen Notizen lesend zu meinem Lesesessel hin. Dort angekommen, knipste ich die Leselampe an, setzte meinen Hintern in das Polster und meiner Nase die Lesebrille auf. Tief atmete ich durch, auch roch ich etwas am BuchrĂŒcken, als ich die angebrochene Kanne Tee bemerkte, die auf dem BĂŒcher-Beistelltischchen seit dem Tag zuvor auf mich gewartet hat. Dann widmete ich mich den drei verschiedenartigen Lesezeichen im Buch, ich schlug es auf, beim ersten. Ich legte das Lesezeichen aus Chile, vom Shop des Pablo-Neruda-Museums, kurz beiseite und ĂŒberflog die Doppelseite zĂŒgig, um mich in das Thema gedanklich einzufinden und um herauszufinden, weshalb ich einst genau an dieser Textstelle ein Zeichen des Lesens gesetzt haben wollte. Ich fand den Abschnitt, worum es mir ging und begann, die Doppelseite erneut zu lesen, diesmal, statt nur mit Intellekt, auch mit MuĂe, Emotion und einem erinnerungsaufgefrischten LĂ€cheln. Beim Verinnerlichen der eben gelesenen Wörter, pustete ich kurz die Tasse neben mir aus, um nicht aufstehen zu mĂŒssen; den kalten Tee hinein gegossen und schluckweise genossen. Ich schlug das Buch beim zweiten Lesezeichen auf, eine schlichte Klammer aus gĂŒld’nem Metall, die man ĂŒber die entsprechende Seiten-Ecke stĂŒlpt, als buchseitenfreundliches Eselsohr. Und auch hier wiederholte ich den eben angewandten Prozess des Lesens, genauso wie des Teetrinkens beim pausierenden Innehalten; rĂ€kelte mich im Lesesessel zurecht und sprang im Buch schlieĂlich zu der dritten lesegezeichneten Textpassage, zum Lesezeichen aus Stoff, einer Krawattenform Ă€hnlich, das man ĂŒber die Seitenkante legt; darauf fein eingestickt die Worte:
âVon allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der BĂŒcher die Gewaltigsteâ
H.Heine
Meine Augen lasen bereits wieder weiter und da wurde ich alsbald auch auf dieser Doppelseite absatzfĂŒndig. Doch meine geweckte Neugier war noch lĂ€ngst nicht befriedigt! Ich fuhr mit meinem Zeigefinger ĂŒber die Lippen und blĂ€tterte daraufhin zurĂŒck an den Anfang des Buches, um erst mal das Vorwort zu lesen. Aha, vom Verleger persönlich. Danach blĂ€tterte ich noch weiter zurĂŒck, studierte die Ausgabe und bemerkte, eher beilĂ€ufig, dass es sich um eine vom Autor signierte Erstausgabe handelte. Das Buch hielt mich daraufhin so in der Hand, so wie ich das Buch auf meinem SchoĂ in meinen HĂ€nden hielt. Ich begann, es nochmals zu lesen. Das Angespanntsein der Neugier, die begierigen Augen, die reizenden Gedanken und gereizten Synapsen wĂ€hrend des Leseaktes; sie lieĂen mich das Buch von Anfang bis Ende in einem Lesezug verschlingen. Und als ich damit durch war, stellte ich es zurĂŒck an seinen Platz, zwischen die eigenen zwei BuchstĂŒtzen auf eines der BĂŒcherregale an einer der BĂŒcherwĂ€nde, doch diesmal mit fĂŒnf Lesezeichen. Zwei habe ich hinzugefĂŒgt fĂŒrs nĂ€chste Mal, wenn ich diesen abenteuerlichen Ausflug unternehmen werde.
#Epilog:
Dann kehrte ich in meinen Lesesessel und zu meiner Leselampe zurĂŒck, mit einem anderen Buch, das mir beim EinrĂ€umen dieses Buches ins Auge gestochen ist; auf dem Kopf stehend eingeordnet…wie es wohl soweit kommen konnte? Und woher stammen all diese Eselsohren da? â So wiederholte sich alles, so vergingen Tage, ab und zu schlief ich, manchmal kochte ich Tee, nichts weiter sonst.
Wie so ein Lese-StoffabhÀngiger.



Raus mit der Sprache: